Tipp: 100 Jahre Niederösterreich – Der Podcast

Eine Zeitreise durch 100 Jahre NÖ

Vor 100 Jahren trennten sich die Wege von Wien und Niederösterreich, zwei Bundesländer entstanden. Eine unterhaltsame und informative Zeitreise durch die vergangenen hundert Jahre bietet das ORF Landesstudio NÖ in einem eigenen Podcast. Zu hören gibt es Ausschnitte aus historischen Originalaufnahmen, Erinnerungen von Zeitzeug*innen, aber auch Kommentare von Historiker*innen. In einer Folge, die etwa 20 bis 30 Minuten dauert, fassen Katharina Bernhart und Gerfried Nagel fünf Jahre kompakt wie abwechslungsreich zusammen. Die erste Folge ging im März 2022 online, alle zwei Wochen erscheint ein neuer Beitrag.

Auch mit mir führte Gerfried Nagel ein Interview, Thema war das Leben am „Eisernen Vorhang“, das Leben am „Ende der Welt“ in Zeiten des Kalten Kriegs. Dabei sprach ich z.B. von den Auswirkungen für die kleine Grenzstadt Hardegg, deren Thayabrücke zum Symbol des geteilten Europa wurde. Heute liegt sie mitten im „Grünen Band Europa“. Nachzuhören in Folge 8 (1957 bis 1961).

Für die Bevölkerung in den Grenzregionen Niederösterreichs waren auch die Ereignisse im Sommer 1968 – die Niederschlagung des „Prager Frühlings“ in der Tschechoslowakei – sehr einprägsam und erschreckend. Damals landete sogar ein sowjetischer Hubschrauber irrtümlich in der Nähe von Retz. Nachzuhören in Folge 10 (1967 bis 1971).

In einem Gespräch mit Katharina Bernhart ging es um das Jahr 1989, die Zeit der Wende. Außenminister Jiri Dienstbier und Alois Mock durchschnitten in einem symbolischen Akt den „Eisernen Vorhang“ in der Nähe von Laa an der Thaya, bei Hevlín. Die Fotos von damals sind inzwischen Ikonen dieser Zeit, nur musste man sogar noch Reste vom Grenzzaun suchen, weil schon viel abgebaut worden war. Die Menschen dies- und jenseits der Grenzen feierten gemeinsam im Dezember 1989 den Fall des „Eisernen Vorhangs“ und die neue Freiheit, wie z.B. bei einem Fest in Hainburg bzw. Bratislava und Hohenau an der March. Nachzuhören in Folge 14 (1987 bis 1991).

Link: https://sound.orf.at/podcast/noe/100-jahre-niederoesterreich

Ausflugstipp des Jahres 2022

Nach Marchegg

Das Frühjahr hat begonnen: Zeit für Grenzenlos Radeln, Zeit für neue Entdeckungen. Mein Tipp des Jahres – ein Ausflug nach Marchegg zu den „Marchfeld Geheimnissen“, also zur Niederösterreichischen Landesausstellung (26. März bis 13. November 2022). Sie liegt direkt auf der Etappe 3 in meinem Buch „Grenzenlos Radeln 2“ und bietet eine ausgezeichnete Gelegenheit, sich weiter in die Region an der March zu vertiefen. Ich war schon vor Ort, um einige Eindrücke zu sammeln. Hier ein kleiner Bericht.

Bahnhof Oberweiden
Im Niederflurwaggon nach Oberweiden

Für einen Nachmittagsausflug nach Marchegg bin mit dem Zug aus Wien über Floridsdorf bis Oberweiden gefahren. Sehr erfreulich ist, dass die Bahn im Marchfeld modernisiert wurde und wird. Während man früher in Gänserndorf umsteigen und mühsam in einen kleinen Schienenbus klettern musste, fährt nun die S1 mit Niederflurwaggons durchgehend von Meidling/Floridsdorf nach Marchegg. Alles sehr kommod.

Blick in die Marchauen
Blick in die Marchauen

Wieso von Oberweiden? Von hier sind es knapp zehn gemütliche Kilometer zum Ausflugsort. Beim Radeln hat man einen wunderschönen Ausblick auf die Region Richtung March bis zum Thebener Kogel. Auf der KTM-Route geht es meist gemütlich bergab, nur der Gegenwind bremst ein wenig. (Radrennfahrer*innen sollten übrigens in Oberweiden die Straße über Baumgarten nehmen, da die beschilderte Route auch über Schotter- und Feldwege führt.) Kurz vor dem Ziel – eine Panoramafahrt am Damm bei den Auen. Der Anblick der „wilden“ Natur ist immer wieder reizvoll, zu jeder Jahreszeit. Es zeigt sich zaghaft das erste zarte Grün.

Schloss Marchegg
Schloss Marchegg, frisch renoviert

Das Schloss Marchegg wurde in den letzten Jahren als Standort der Landesausstellung umfassend renoviert. Es ist eine Augenweide, wenn man bedenkt, dass das Gebäude in den 1950er-Jahren fast abgerissen worden wäre. Heute erstrahlt es in neuem Glanz, erlebt einen neuen Frühling. Und pünktlich zur bevorstehenden Eröffnung der Ausstellung sind die ersten Störche auch schon eingetroffen. Die Landesausstellung ist sehr umfangreich, man sollte sich für den Besuch also genügend Zeit nehmen. Ich konnte im Rahmen einer Expertenführung bereits einen Blick hineinwerfen.

In neun Themenbereichen wird das Marchfeld beleuchtet: „Kräfte der Natur“, „Erste Spuren in der Landschaft“, „Am Schnittpunkt von March & Donau“, „Aufschwung und Niedergang einer Kulturlandschaft“, „Vom Schlachtfeld … zur höfischen Spielwiese“, „Neue Formen der Energiegewinnung“, „Fruchtbarer Boden“, „Fließende Grenze“, „Von der Natur zur Umwelt“. Es ist ein schöner Streifzug durch die Geschichte ganz unter dem Leitspruch: „Mensch. Kultur. Natur.“  Mich beeindruckt vor allem die sehr große Anzahl an interessanten und einzigartigen 3D-Objekten, die Geschichte und Natur der Region plastisch widerspiegeln.

Brücke VysoMarch
Bauarbeiten auf der Brücke VysoMarch

Für Radler*innen bringt die Landesausstellung einen wichtigen Meilenstein nach Marchegg: die neue Fahrradbrücke „VysoMarch“. Sie wird an der ehemaligen Überfuhr eine Überquerung der March und den Wechsel in die slowakische Záhorie ermöglichen.  Derzeit können Ausflüger*innen dies- und jenseits des Flusses die letzten Bauarbeiten beobachten. Die feierliche Eröffnung soll am 7. Mai 2022 stattfinden.

Marchegg entwickelt sich damit zu einem ausgezeichneten Ausgangspunkt für grenzüberschreitende Ausflüge, besonders in Kombination mit der Fahrradbrücke der Freiheit bei Schloss Hof.

Hinweise

Zur Website der Niederösterreichischen Landesausstellung

Corona-Regeln: Aktuelle Reisebestimmungen der Slowakei (Seite des Bundesministeriums europäische und internationale Angelegenheiten) 

Reiseliteratur

„Grenzenlos Radeln 2. Natur erleben, Geschichte erfahren. Die schönsten Touren zwischen Österreich und der Slowakei“, siehe insbesondere Kapitel 2 – Neue Welt vor Wien. Im südlichen Marchland.

Ausstellung: Umbrüche 1918/19

Ausstellung im Museum Retz

Vor hundert Jahren befand sich Mitteleuropa in einer Zeit der radikalen Umbrüche: Innerhalb weniger Wochen zerfiel die jahrhundertealte Donaumonarchie. Katastrophale Versorgungssituation, militärischer Zusammenbruch und Nationalismus führten zur Entstehung von „Nationalstaaten“ und neuen – umstrittenen – Grenzen.

Eine von mir kuratierte Sonderausstellung im Museum Retz widmet sich diesem Thema mit dem Blick auf die Region um Retz / Znaim (Znojmo).

UMBRÜCHE 1918/19 | IN DER REGION UM RETZ

Der Zerfall der Monarchie und die Bildung neuer Staaten 1918/19 hatte ganz direkte Auswirkungen auf die (neuen) Grenzgebiete. Wie sich diese Umbruchsphase 1918 bis 1920 konkret abspielte und was die Grenze für das Alltagsleben der Bevölkerung bedeutete, möchte die Ausstellung anhand der Region von Retz und Znaim (Znojmo) zeigen. Hier war vor hundert Jahren einer der wichtigsten „Brennpunkte“ in den territorialen Auseinandersetzungen zwischen (Deutsch-)Österreich und der Tschechoslowakei.

Die damaligen Ereignisse in den Grenzgebieten sind heute fast vergessen und doch beeinflussten diese wesentlich die weiteren Entwicklungen im 20. Jahrhundert. Die Ausstellung möchte die negativen Folgen von Nationalismus und Grenzziehung aufzeigen und zu einem besseren gegenseitigen Verständnis der Nachbarn beitragen. Im letzten Teil der Ausstellung wird auch auf die späteren Ereignisse, die Situation am Eisernen Vorhang und das Jahr 1989 Bezug genommen.

Die Ausstellung wurde am 24. Mai 2019 eröffnet und ist auch in der Saison 2020 zu sehen.

Einladung | Begleitprogramm 2019